Was ist Aufklärung? -- Immanuel Kant

Sonntag, 30. Januar 2011

Der Beitrag der FDP zur Militarisierung des geistigen und des politischen Lebens in Berlin

Maren Jasper-Winter
Es fand das Neujahres-Empfang der FDP Tiergarten statt. Die Menschen waren versammelt, um über die Siege der Partei zu hören, sofern es welche gegeben hat, sowie um Hinweise zu empfan­gen, in welche Richtung ihre jeweiligen Gedanken gelenkt werden sollen. Der Raum, eigene Ge­danken zu entwerfen und zu fassen, schien recht eng zu sein.

Es herrschte eher zu viel Eintracht für eine Gruppe, die sich selbst für „bürgerlich“ hält. Zwar bedeutet das nicht, daß Dissens nur laut und aggressiv ausgetragen werden soll oder darf, aber das Ambiente hat andeuten lassen, daß entweder die Menschen harmonisch miteinander umgehen und keine Mei­nungsverschiedenheiten haben, oder sie werden bei der leisesten Widerrede schnell mißmutig.
Michael Saß, Vorsitzender
des FDP Ortsverbandes
Tiergarten

Kaderstimmung und Korpsgeist erfüllten den Raum. Die intersubjektive Kohäsion erschien wie Sekundenkleber – zu eng, zu wenig persönliche und geistige Freiheit. Es roch nach „geistiger Inzucht“. Die Bezirksvor­sitzende der FDP Mitte, welche die Dachorganisation der FDP Tiergarten ist und deren Bereich sich auf den ganzen Bezirk Mitte erstreckt, hielt eine Rede und sprach über einzelne Themen der Lan­despolitik des Senats und des Abgeordnetenhauses, welche den Bezirk unmittelbar angingen.

Dann redete jemand über das 50jährige Engagement eines Mitglieds des Ortsvereins und hat auch lange geredet. Schließlich mußte er über die Einzelheiten der 50jährigen Beteiligung dieses Mit­glieds an der Gestaltung der FDP. Es kam vor, als ob ein Historiker das Wort ergriffen hat. Er sprach auch die inneren Querelen der Partei an – ein Thema, das die Mitglieder sehr erfreut und auch sehr begeistert hat.
Klaus Wowereit mit Partner
Jörg Kubicki

Danach wurde das Büffet eröffnet, und wir konnten ein Gespräch mit der vorgenannten Bezirksvor­sitzenden Maren Jasper-Winter führen. Früher hat sie von der Integrationspolitik des Senats in den Schulen gesprochen.

In den Medien war bekannt, daß sowohl die FDP als auch die CDU die Auffassung vertraten, daß die Integrationspolitik des Senats in den Schulen versagt hat. Das neu erschienen Buch vom Regie­renden Bürgermeister Wowereit „Mut zur Integration“ war auch hier Gegenstand des Hohns.

Was macht Wowereit falsch bei dieser Politik?“, fragte ich Jasper-Winter. Der Senat tue ihrer Mei­nung zu wenig auf diesem Gebiet. Bis zur Aussprache vom umstrittenen SPD-Mitglied Thilo Sarra­zin, der auch das Buch „Deutschland schafft sich ab“ veröffentlicht hat, war das Thema der Integra­tion weitgehend unterdrückt. Die Integrations-Debatte ist also mit Sarrazin aufgekommen.
Sarrazins Buch "Deutschland schafft
sich ab"

Was muß für eine bessere Integrationspolitik in den Schulen getan werden?“, fragte ich sie. Die Ausländer sollen Sprachkenntnisse der deutschen Sprache erwerben und etwas über die politischen Grundwerte der deutschen Rechts- und verfassungsmäßigen Ordnung lernen. Sie müßten auf alle Fälle die Grundrechte respektieren. Das sei ein liberales Anliegen gegenüber den Ausländern.
Sind das Gegenthesen
vom RegBM Wowereit ??

An dieser Stelle ließ ihre Präzision leider nach. Der Eindruck wurde geweckt, als ob sie von einer „heili­gen Kuh“ gesprochen hätte, die sie nicht näher kennt. Denn „die Grundrechte“ oder „das Grund­gesetz“ ist dem üblichen Bürger zu abstrakt und zu vage. Gestik und Mimik haben aber gezeigt, daß Jasper-Winter nach einer Ikonenverehrung trachtete, in der sich das Verstandesbezogene mit dem Mythologischen miteinander verschmelzte.

Was bedeuten die Grundrechte für Sie? Sind sie so was wie ethische Maßstäbe?“, fragte ich sie. Das seien für Sie „Werte“. Ethische Werte?, fragte ich sie. Nein, mit Religion und Glauben habe das überhaupt nichts zu tun. Religion und Recht müssen vielmehr voneinander getrennt. Sie sei selbst Juristin und kenne die Grenzen sowie auch die Trennung zwischen dem bürgerlichen und dem religiösen Leben.

Offensichtlich ist etwas vorgekommen, was Jasper-Winter aus der Fassung gebracht hat. Die Grundrechte, die nicht näher beschrieben wurden, enthielten „Werte“, die aber keine sind. Was für Werte sie meinte, konnten wir nicht herausfinden. Zu ihrem Verständnis von Liberalismus gehört die säkulare Ausrichtung von Gesellschaft, Staat und scheinbar auch des Bürgers selbst.


Verkehrt ist es in Deutschland nicht,
einige Ikonen zu haben, die
sich um einen drehen.

Der Ist-Zustand bei der Integrationspolitik in den Schulen entspräche dem Soll. Es werden nur „warme Worte“ verlautbart, hinter sie weder Bedeutung noch positives staatliches Handeln stehen. Was in der Verwaltung tatsächlich veranlaßt wird, ist wesentlich viel weniger als das, was uns die Politiker in der Regierung und in der Verwaltung weismachen.



Unsere heilige Kuh in Deutschland
das Grundgesetz höchstpersönlich.
Ist Integration etwas Einseitiges? Müssen die Ausländer alles für die Integration tun? Oder soll­ten die Deutschen nicht dazu aufgefordert werden, einen Anteil bei der Förderung der Integration zu leisten?“, fragte ich die Bezirksvorsitzende.

Nein, einseitig ist sie nicht. Auch nicht im Verhältnis zwischen dem ausländischen Einwohner und dem Staat. Denn der Staat zahlt dem Einwohner eine soziale Unterstützung und darf eine angemes­sene Gegenleistung dafür erwarten, die darin besteht, daß der in Frage kommende Ausländer die deutsche Sprache lernt und die Werte aus dem Grundgesetz und den Grundrechten respektiert.


Allerdings war sich die Bezirksvorsitzende unschlüssig, ob das Grundgesetz oder die Grundrechte Werte enthält oder nicht. Wenn das keine ethischen Werte, was sind sie dann?
Das Grundgesetz sowie die
Grundrechte sind bei weitem nicht die
einzigen heiligen Kühe in Deutschland.

Dies sei eine Art „Vertragsverhältnis“ zwischen Einwohner und Staat, was der Staat mit dem Einwohner vorhat, das auch schriftlich niederge­legt werden könnte.
In manchen Bezirken werde eine Schule vor der 1. Klasse eingerichtet, die be­sonders auf die Schwierigkeiten ausländischer Kinder zugeschnitten sei. Diese „Schule vor der Schule“ soll Kindern, die der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig sind, einen Vorsprung geben, damit sie gegenüber den deutschen Kindern wettbewerbsfähig sein können.


Was ist mit den Deutschen selbst? Was können oder sollen sie leisten, um Integration zum Erfolg zu verhelfen?“
, fragte ich Jasper-Winter.


Die Deutschen sollten mehr Verständnis für die Ausländer aufbringen. Leider läßt sich dieses Gebot weder kodifizieren noch verordnen. Es muß sich bei diesem Näherkommen um eine beiderseitige Toleranz handeln. Wie dieses Programm aussehen soll, hat die Bezirkspolitikerin nicht näher erläu­tern können. So bleibt aber dadurch das Mächtigkeitsgefälle zwischen Ausländer und Inländer sowie zwischen Ausländer und Staat aufrechterhalten. Daß diese Ungleichheit und Ungleichgewicht bestehen bleibt, schien Jasper-Winter nicht sonderlich zu stören.


Und wie ist es mit der sogenannten deutschen Leitkultur?“
, fragte ich sie. „Das sind nicht unsere Worte“, antwortete sie recht spontan. Jasper-Winter wollte nicht von einer Mehrheitskultur wissen, da dies das Ganze, was man als „Gesellschaft“ bezeichnen kann, spalten, stören oder sogar zersetzen kann.

Am besten soll man seine "heilige Kuh" bzw. seine Ikonen
mit auf die Reise nehmen.

Was nicht sein darf, darüber darf nicht ausgesprochen werden. Dies ist eine Art „Denkdisziplin“ der Politiker, welche geeignet ist, die Gedankenfreiheit der Menschen einzuschränken. Wenn man nicht über etwas sprechen kann, weil eine Aussprache Gefährdungen der öffentlichen Ordnung nach sich ziehen können, dann ist dies ein ziemlich deutliches Zeichen von einer labilen Gesellschaft und einer instabilen Staatsordnung zugleich.

Daß es so was wie eine Mehrheits- und viele Minderheitskulturen in Berlin gibt, kann nicht geleug­net werden. Allerdings reden viele Politiker nicht davon, weil solche Feststellungen in das politi­sche Programm der jeweiligen Partei passen, welches ein „Glaubenssystem“ bildet. Sie tun so, als gäbe es in der Gesellschaft eine unausgesprochene „Harmonie“, während die Realität näher betrachtet eine andere Sprache spricht.
Politische Korrektheit führt nicht nur zu
Denkverboten, sondern auch zu
Wahrnehmungsstörungen.

Dennoch neigen Politiker dazu, den Menschen „Denkverbote“ zu erteilen. Diese Verbote dienen dazu, den Menschen 
– aber vor allem den Bürgern als Wählern  „Zucht und Ordnung“ beizubringen. Anstatt daß der Politiker zu ermitteln sucht, was der Bürger will und was er braucht, indoktriniert er den Bürger, damit er sei­ne Partei wählen kann. Jede Partei betreibt in Deutschland eine „politische Umerziehung“ gegen­über dem Bürger und verletzt auf diesem Wege die Gedankenfreiheit sowie die geistig-seelische Integrität des Bürgers. Die Parteien nehmen sich das Recht, den Bürger ausgerechnet als Wahlberechtigten zu belehren.
wie "rein" sind Ihre
Gedanken? Das wollen
wir prüfen.
Die Parteien in Deutschland legen mehr Wert auf den richtigen Glauben als auf die richtige Wahrnehmung sowie die richtigen Fakten. Parteien in Deutschland vertreten eine bestimmte Weltanschauung. Diese Weltanschauung soll durchgesetzt werden. Die Umsetzung der verfassungsmäßigen Ordnung ist für die Parteien, die im Parlament Fraktionen bilden, zweitrangig.

Allerdings kommt es oft vor, daß gewisse Fakten mit einer von einer Partei postulierten Weltanschauung in Konflikt miteinander geraten. Bei einer solchen Kollision ist die Weltanschauung vorzuziehen, die Tatsachen werden in den Hintergrund gedrängt und – 
wenn es irgendwie geht – unterdrückt, unterschlagen und sozusagen totgeschwiegen.

zum Phänomen der Orthodoxie:
Dies ist Folge der Vorherrschaft der Orthodoxie in Deutschland. Sie sagt, daß richtiges Glauben wichtiger ist als richtige Tatsachen und richtiges Wahrnehmen dieser Tatsachen. Orthodoxie ist nicht nur etwas Religiöses, das in Verbindung mit dem Verhältnis eines Gläubigen zu einer bestimmten Kirche steht. Sie ist auch weltlich und ist mit „geistiger Disziplin“ verbunden. Die geistige Disziplin, worum es geht, pflegt keine geistige Gesundheit, sondern betreibt vielmehr kognitive Autoaggression, welche die Unterdrückung von Gedanken zum Ziel hat. Durch diese geistige Disziplin zensiert der Mensch die eigenen Gedanken sowie auch fremde Gedanken.
Diese Schafsherde ist deswegen "politisch korrekt",
weil sie "demographisch repräsentativ" sein soll.
Quellen zur weiteren Recherche:
wikipedia zu politischer Korrektheit
uni-protokolle.de zu politisch korrekt
Willander zu politisch korrekt
Uncyclopedia zur politischen Korrektheit
wikipedia zu Indoktrination
die fünf Phasen der Indoktrination
Gabler Wirtschaftslexikon zu Indoktrination
Glaube und Indoktrination: zwei Seiten einer Medaille
wahrheiten.org zu Indoktrination
nachdenkseiten.de zu Indoktrination
Bereits im Vorfeld "wußten" die "Prüfer", daß der "Abtrünnige"
schuldig war. Eigentlich gab es nichts zu "prufen".
wikipedia zu Inquisition
wikipedia zu spanische Inquisition [als Film von Monty Python]
Die Inquisition in Spanien
enforex.com zur spanischen Inquisition
planet-wissen.de zur spanischen Inquisition
heiligenlexikon.de zur spanischen Inquisition
In der Tat hat der Inquisitor
den Menschen damals das
nachhaltige Fürchten beigebracht.
planet-wissen.de zur Geschichte der Inquisition
Bernard Gui -- Inquisitor
Vor Gericht wurde man für schuldig befunden.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Interessant, eigentlich beschäftige ich mich nicht allzu sehr mit der politischen Situation in anderen Bundesländern, zumindest dann nicht, wenn dort keine Wahlen vor der Tür stehen. Zur Zeit finde ich die Situation in Baden-Würtemberg sehr spannend.

Ich musste bei dem Artikel schmunzeln als du den Begriff der "Wettbewerbsfähigkeit" benutzt hast, um das Verhältnis der ausländischen zu den deutschen Kindern in den Schulen zu beschreiben :)

Lieben Gruß aus FFM, Torsten Radl

Luis Fernández Vidaud hat gesagt…

Danke für die Rückmeldung, lieber Torsten.